Die Geschichtswerkstatt St. Georg e. V.
Die Geschichtswerkstatt St. Georg befasst sich mit der Entwicklung der sozialen Problematik der Metropole Hamburg und mit der Historie des einstigen Vororts St. Georgii (des heutigen St. Georgs).
Auf unserer Homepage wollen wir die Tätigkeit unserer Arbeitsgruppen in Kurzform darstellen und natürlich auch verdeutlichen, von welchem gesellschaftlichen Ansatz aus wir unsere Arbeit angehen. Darüber hinaus wollen wir zur Vernetzung von Stadtteilaktivitäten beitragen. Übrigens: Jederlei konstruktive Resonanz per E-Mail ist uns willkommen.
Selbstverständlich sind auch neue Mitglieder, die uns aktiv oder passiv bei unserer Arbeit unterstützen möchten, jederzeit gerne willkommen. Einfach unseren Aufnahmeantrag [PDF] ausfüllen, ausdrucken und an uns zurückgeben. Falls Sie keinen Drucker zur Hand haben, können Sie den Antrag auch direkt bei uns im Stadtteilbüro während der Öffnungszeiten ausfüllen.
Die Basis unseres Vereins sind neben den passiven Mitgliedern vor allem die aktiv Beteiligten. Sie treffen sich mehr oder weniger regelmäßig in drei Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Schwerpunkten.
Alle Aktiven zusammen sind unter Leitung des siebenköpfigen Vorstandes verantwortlich für das Stadtteilbüro, das aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen sowie einem Zuschuss seitens der Kulturbehörde unterhalten wird. Dieses Büro ist Anlaufpunkt für viele bewohnerorientierte Initiativen des Viertels. Hier treffen sich nicht nur die Arbeitsgruppen der Geschichtswerkstatt, sondern auch der Einwohnerverein, der Sportverein Vorwärts St. Georg und der SPD-Distrikt.
Die Geschichtswerkstatt ist darüber hinaus eingebunden in das Plenum der Hamburger Geschichtswerkstätten und kooperiert bei Bedarf und bevorstehenden Jubiläen mit verschiedenen Einrichtungen und Verbänden.
Besonders interessiert ist der Verein am Austausch mit anderen, ähnlich strukturierten Zusammenschlüssen. Naturgemäß wird der Kontakt vor allem zu anderen Bahnhofsvierteln und auch sozialen Brennpunkten gesucht. Dankbar ist die Geschichtswerkstatt selbstverständlich für Hinweise und Materialien aller Art, die in irgendeiner, noch so überraschenden Weise in Zusammenhang mit dem Viertel St. Georg stehen.
Gründung 1990
Die »Geschichtswerkstatt St. Georg e.V.« hat sich am 6. Dezember 1990 gegründet (Vereinssatzung). Sie ist bis heute ein rein ehrenamtlich engagierter Verein geblieben, der inzwischen gut 80 Mitglieder umfasst, darunter den alternativen Einwohner – wie den eingesessenen Bürgerverein ebenso wie die katholische Domgemeinde und die ev.-luth. Kirchengemeinde.
Schweine halten erlaubt
Sich mit der gut 800jährigen Geschichte dieses Stadtteils zu beschäftigen, heißt vorrangig, die Entwicklung der sozialen Problematik der Metropole Hamburg nachzuvollziehen. Jahrhundertelang vor den Toren der Stadt gelegen, wurde hier das erste, nach St. Georg benannte Leprahospital angesiedelt, die Schweineweide war hier gelegen, weil das Halten der Borstentiere innerhalb der Stadtumwallung wegen der vermeintlichen Pestgefahr verboten war, die gefährliche Pulvermühle hat hier ebenso wie der städtische Galgen gestanden, Gerbereien, Abdeckerei und Gassenkummerplatz (die mittelalterliche Mülldeponie) sorgten für eine wenig anheimelnde Atmosphäre. Immer wurde St. Georg seitens der Stadt als Aufnahmeort unangenehmer Einrichtungen, problematischer Erscheinungen und störender Elemente definiert, ein roter Faden, der sich bis in die Gegenwart nachvollziehen ließe. Nicht zufällig unterstellt man den St. GeorgerInnen heute ein besonderes Maß an Toleranz gegenüber verschiedensten Lebensweisen.
Historischer Arm
In einer solchen Umgebung lässt sich nicht nur Heimatgeschichte aufarbeiten, wer sich mit der Vergangenheit dieses Viertels auseinandersetzt, wird immer wieder auf gegenwärtige Auswirkungen und Probleme kommen. So versteht sich die Geschichtswerkstatt als der »historische Arm« vielfältiger Stadtteilbewegungen, die es zu begleiten, geschichtlich zu untermauern und zu inspirieren gilt. Die meisten der in diesem Verein tätigen Mitglieder sind gleichzeitig auch in dem einen oder anderen kommunal-politischen Zusammenhang engagiert. Und das ist gut so!
Vernetzung
Der Verein versteht sich als Teil der Stadtteilkultur, engagiert in einem Viertel, das oft als sozialer Brennpunkt bezeichnet wird. Die Mitglieder versuchen, unter dem gemeinsamen Dach der Stadtteilgeschichte zur Vernetzung der vielfältigen, vor Ort ansässigen Einrichtungen, Vereine und Initiativen beizutragen. Insofern hat die Geschichtswerkstatt wiederholt die Rolle eines Zulieferers historischer Informationen für verschiedene Gruppen gespielt, woraus eine Reihe von Veranstaltungen und Publikationen hervorgegangen sind (zum Beispiel in Zusammenarbeit mit dem AK St. Georg, dem DGB, der Caritas und den Kirchengemeinden). Eine enge Verbindung besteht zu den Schulen und Kindertagesheimen, mit denen bei verschiedenen Ausstellungen und Rundgängen kooperiert wurden (etwa im Rahmen einer Ausstellung zu 80 Jahren Poesiealben oder beim Putzen der St. Georger Stolpersteine).
Darüber hinaus tritt die Geschichtswerkstatt selbstverständlich auch mit eigenen Veranstaltungen in Erscheinung, wobei die Palette Veranstaltungen und Rundgänge, Zeitzeugenbefragungen und Diavorträge, Ausstellungen, Zeitschriftenaufsätze und Buchpublikationen umfasst. Nicht zuletzt sind Mitglieder des Vereins in Stadtteilgremien präsent, gestalten Stadtteilfeste mit und gehören zu den Initiatoren der St. Georger Kinder- und Jugendmesse, aber auch eines jährlichen Bücherflohmarkts in der Vorweihnachtszeit. Nicht zu vernachlässigen ist auch die Bedeutung der Geschichtswerkstatt als allgemeine Anlaufbasis für St. Georg und speziell für Informationsanfragen aus dem Stadtteil (insbesondere von SchülerInnen) und von außerhalb (überwiegend von ehemaligen AnwohnerInnen, aber auch von Instituten und StudentInnen). Neben dem persönlichen Kontakt spielt dabei das seit nunmehr drei Jahrzehnten gepflegte Stadtteilarchiv eine zentrale Rolle, finden sich hier doch mittlerweile ca. 2.200 Bücher und Broschüren, über 2.000 Fotos, Plakate, Interview-, Film- und Rundfunkmitschnitte sowie Tausende von Zeitungsausschnitten und Flyern zur St. Georger (Zeit-)Geschichte.
Die inhaltlichen Schwerpunkte des Engagements der Geschichtswerkstatt spiegeln sich unter anderem in etlichen Veranstaltungsplakaten, Zeitungsartikeln und in den Ausgaben der »St. Georger Konturen«, der historischen Stadtteilzeitschrift des Vereins wider. Im Mittelpunkt standen: 1990/91 die Aufarbeitung und Präsentation der Stadtteilgeschichte im Überblick, 1991/94 das Kinder- und Jugendleben im Hauptbahnhofviertel in den vergangenen 80 Jahren, 1994 die vom Verein koordinierte St. Georger 800-Jahr-Feier, 1995 der 50. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus, 1995/96 das Thema MigrantInnen. Seit 1996 widmet sich der Verein neben Einzelveranstaltungen regelmäßig einem Jahresschwerpunkt, der von Frühjahr an vorbereitet und im Herbst/Winter präsentiert wird. So standen 1997 z. B. die 1950er Jahre im Mittelpunkt und 1998 die Revolution 1848. In 2006 standen das 100jährige Jubiläum von Hauptbahnhof und Gewerkschaftshaus im Mittelpunkt der Projekte.
Die Bedeutung des Stadtteilbüros für weitere Stadtteilgruppen (zum Teil als Untermieter), der Umfang des Stadtteilarchivs und vor allem die angewachsenen Aktivitäten des Vereins und seiner Gruppen selbst hatten ihn veranlasst, zum 1. Oktober 2002 in größere, zentraler gelegene Räumlichkeiten am Hansaplatz umzuziehen. Dies wird vom Verein nicht zuletzt dahin gehend verstanden, zur Belebung dieses Brennpunkts im Bewohnerinteresse beizutragen.
Kurz nach dem Umzug war das 2003 gleich wieder gefährdet, als die Ex-Springerjournalistin und zeitweilige Kultursenatorin unter Ole von Beust, Dana Horakova, die Mittel für die Arbeit der Geschichtswerkstätten drastisch zu kürzen drohte. Spätestens seit dieser Auseinandersetzung ist der Verein auch intensiv mit den anderen Geschichtswerkstätten in Hamburg vernetzt.
Inzwischen sind seit vielen Jahren die Bezirksämter für die Geschichtswerkstätten zuständig. Oft ist es anstrengend, die betriebswirtschaftlich geprägten Zuwendungsregeln zu beachten (Zahlen statt Inhalte). Dennoch scheint die Arbeit der Geschichtswerkstätten inzwischen anerkannt und gesichert. Es muss nicht mehr jedes Jahr aufs Neue um das Überleben gefeilscht werden, zumindest die Räume sind durch Zuwendungen der Stadt gesichert.